Montag, 22. April 2013

Greifen. Begreifen. Kaufen. Die Materialisierung von Dienstleistungen

Musik, Sparkonto oder Versicherungspolice sind abstrakte Produkte. Um sie zu verkaufen, müssen sie erlebbar sein. Aber wie wird das ungreifbare greifbar?

Eine schwierige Aufgabe für das Marketing. Die zunehmende Abstraktheit in vielen Lebensbereichen führt zu einem steigenden Verlangen nach tatsächlich greifbaren, symbolischen Objekten. Ein anschauliches Beispiel hierfür ist der Talisman. Beim Berühren oder Anschauen dieses Objektes können mentale Vorgänge entwickelt werden, die wir im Nachhinein mit Glücksbringer oder Beruhigungsgegenstand in Verbindung bringen.

Wenn es einem Unternehmen gelingt, den Nutzen einer Dienstleistung oder das Nutzungsversprechen eines abstrakten Produkts mit einem symbolischen Objekt oder mit einer speziellen Verpackung greifbar zu machen, steigt die Bereitschaft des Kunden, ein Produkt zu kaufen. Unternehmen werden sich Gedanken machen müssen, wie sie dieses Bedürfnis durch den bewussten Einsatz solcher Objekte bedienen können.

Ein in diesem Zusammenhang häufig genanntes Beispiel sind hochwertige Kofferanhänger, die die Deutsche Lufthansa an die Mitglieder der Vielfliegerprogramme Senator und HON Circle ausgibt. "Der kleine, aber auffällige Anhänger materialisiert und signalisiert Eigenschaften wie Weltgewandtheit, Status und Erfolg und überträgt sie somit auf das Selbst- und Fremdbild des Besitzers.

Vermutlich ist es kein Zufall, dass die Kreditkartenbranche den Trend früh erkannt hat. American Express geht einen ähnlichen Weg wie Lufthansa und differenziert seine Kärtchen nicht nur branchenüblich nach Farben in Grün, Silber und Gold. Die höchste und teuerste Kategorie, die Centurion Card, wird haptisch aufgewertet und aus Metall gefertigt - und zwar aus Titan. Der Trick dabei: Die kühle Solidität des Metalls entfaltet ihre Wirkung nicht nur in der Hand des Besitzers. Jeder Verkäufer, der die Karte in den Fingern hält, spürt sofort, dass er es mit einem aussergewöhnlichen Kunden zu tun hat. Diese Karte wird nur an ausgewählte Kunden vergeben.

Studien aus den USA deuten darauf hin, dass Unternehmen die Chance verpassen, den Weg ins Unbewusste von Kunden zu finden. Taktile Einflüsse verändern nämlich unser Verhalten und unsere Einschätzungen stärker, als wir annehmen. Ein Test belegt das: Wenn Probanden Bewerber für einen Job beurteilen sollen, spielt das Gewicht des Klemmbretts eine gewichtige Rolle, auf denen ihnen die Bewerbungsunterlagen gereicht werden: Je schwerer, desto höher fällt die Bewertung aus. Wer auf einem weichen Stuhl sitzt, hält sein Gegenüber für weniger streng. Ein harter Stuhl wiederum lässt in uns das vage Gefühl aufkommen, der Gesprächspartner müsse wohl auch ein harter Hund sein. Solche "Details" sind wichtig wenn es beispielsweise um die Einrichtung von Beratungszonen, Besprechungszimmer, Shops etc. geht.

In diesem Sinne gebe ich Ihnen ein paar Tipps, wo Sie den für den Menschen wichtigen haptischen Sinn in Ihre Markenwelt einbauen können. Stellen Sie sich beispielsweise folgende Fragen:

  • Welches Gewicht und welche Beschaffenheit hat Ihr Korrespondenzpapier?
  • Haben Sie die Möglichkeit, Broschüren, Konzepte oder Dokumente speziell zu verpacken? Welches Material passt dabei zu Ihrer Marke?
  • Welche Oberfläche hat der Tisch, an dem Sie wichtige Verhandlungen führen?
  • Wie können Ihre Dienstleistungen materialisiert werden?
  • Mit welchen materialisierten Gegenständen können Sie den Status Ihrer Kunden anheben?

Ich freue mich auf Ihre Rückmeldungen.






1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Lieber Rolf, interessante Gedanken und ein interessanter Artikel. Ich denke, dass hier noch viel Potential drinliegt. Carlos